Obersinn

Goldkörnchen zwischen Rhön und Spessart
Zeittafel Obersinn im pdf-Format
 

Ortsansicht
Ortsansicht (Zur Verf. gestellt: Anton F. Schäfer)
Weitere historische Bilder
„Wer seine Heimat liebt, muss sie auch verstehen. Wer sie aber verstehen will, muss überall in ihre Geschichte zu dringen versuchen.“ Dieses Wort von Jakob Grimm gilt in ganz besonderem Maße für denjenigen, der die wechselvolle Entwicklung unserer Heimatgemeinde verstehen lernen will. Wie keine andere Region im späteren preußisch-bayerischen Grenzgebiet wurden die Siedlungen des unteren Sinngrundes, zu denen Obersinn gehört, ungeachtet ihrer nur geringen wirtschaftlichen Bedeutung zum Spielball der jeweiligen Feudalherren. Dieser Zustand änderte sich erst im Jahre 1866, als Obersinn nach jahrzehntelangen Verhandlungen mit dem Königreich Preußen der bayerischen Krone zugesprochen wurde.

Wir können heute davon ausgehen, dass mit einer gezielten Besiedlung des Sinngrundes im frühen 10. Jahrhundert begonnen wurde, einhergehend mit dem Niedergang des Klosters zu Fulda und der gleichzeitigen Ausbreitung des Herrschaftsanspruches der Fürstbischöfe zu Würzburg. In einer kaiserlichen Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1001 findet sich ein erster urkundlicher Nachweis für die Existenz einer Ansiedlung, die mit sinnam bezeichnet wird. Gemeint ist der Ort Burgsinn, wo das Hochstift zu Würzburg mit der Wasserburg und einer großen Pfarrei schon längere Zeit ein Zentrum geistlicher und weltlicher Macht besaß.
Blick auf Kirche von der Sinn aus
Blick auf die Kirche mit alter Sinnbrücke 
(Zur Verfügung gestellt: Anton F. Schäfer)
Die im Stammwort mit Burgsinn namengleichen Nachbarorte erscheinen in schriftlichen Zeugnissen erst wesentlich später. So vermittelt ein Schenkungsakt aus dem Jahre 1275 den einzig sicheren Nachweis von der Existenz des Ortes Mittelsinn in früherer Zeit. Das erste schriftliche Zeugnis für Obersinn finden wir hingegen erst im Lehensbuch des Hochstifts zu Würzburg, wo irgendwann zwischen 1308 und 1310 vermerkt wurde, dass „... Andreas von Gundelfingen, Fürstbischof zu Würzburg, neben einem Drittel des Zehnten in Villa Ura (Aura) und in Steinbach (Emmerichsthal) den gleichen Anteil der Abgabe dem Diemarius de Rienegg auch in superiori sinne verleiht ...“
 
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war die Geschichte der Siedlungen im unteren Sinngrund und seiner Bewohner unmittelbar mit dem Schicksal der jeweiligen Lehensherren verbunden. Mit dem vorübergehenden Niedergang des Hochstifts zu Würzburg traten die Freiherren deren von Thüngen bzw. von Hutten in Form einer Vierherrenschaft in den Vordergrund. Dieses Bild änderte sich im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert, indem sich erneut das Würzburger Hochstift und ein immer mächtiger werdendes Juliusspital die Macht im Sinngrund teilten, gemeinsam mit den Landgrafen zu Hessen-Kassel. 
Luftaufnahme Obersinn
Luftaufnahme Obersinn
(Verfügungstellung: A. Weismantel)
Die von Napoleon ausgelösten territorialen Umwälzungen machten auch vor dem Sinngrund nicht Halt. Hochstift und Juliusspital verloren ihre weltliche Macht an die Krone Bayerns, während auf hessischer Seite der preußische Einfluss immer stärker wurde. Die unübersichtlichen Herrschaftsverhältnisse sorgten für anhaltende Grenzstreitigkeiten, die letztendlich erst durch den Ausgang des deutschen Bruderkrieges bereinigt wurden. Obersinn wurde bayerisch und ist es fortan geblieben.

Auch wenn unser Dorf im unteren Sinngrund im Laufe der Jahrhunderte ein Dasein eher am Rande der fränkischen Region geführt und im Wechselspiel der jeweils Herrschenden nur eine nachrangige Rolle gespielt haben mag, so ist die Aufzeichnung seiner Geschichte für uns, die wir dort geboren sind und für alle, die heute dort leben, immer lesens- und erhaltenswert. Natürlich hat der Wandel der Zeit auch hier Spuren hinterlassen. Aus der ursprünglich bäuerlich und forstwirtschaftlich geprägten Ortschaft ist eine moderne, selbstbewusste Gemeinde geworden. Doch ungeachtet aller Veränderungen hat sich Obersinn seinen Charakter als durchaus liebenswertes Gemeinwesen bewahrt und ist für uns alle, auch für jene, die aus beruflichen oder familiären Gründen das Tal der Sinn verlassen mussten, eines geblieben – Heimat!

Autoren: Anton Schäfer, Gundolf Weismantel.

 

 

 

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